Welche Analytics-Systeme in die Cloud gehören – und welche besser nicht

Beitrag teilen über

Jörg Kremer mip GmbH

Gastautoren-Beitrag

von Jörg Kremer
mip Management Informationspartner GmbH
Head of Consulting / Delivery Manager

Unternehmenslogo von MIP

Die Migration analytischer Systeme in die Cloud ist längst kein Randthema mehr, sondern steht im Zentrum strategischer IT-Entscheidungen. Versprochen werden Elastizität, Skalierbarkeit und eine höhere Agilität – alles Faktoren, die für datengetriebene Unternehmen entscheidend sind. Doch in der Praxis zeigt sich schnell: Nicht jedes System entfaltet sein Potenzial in der Cloud. Manche Applikationen profitieren enorm von einer Migration, während andere ihre Effizienz und Stabilität verlieren oder regulatorisch gar nicht tragfähig sind.

Für IT-Architekt:innen, die Infrastrukturen für Data-Analytics-Systeme verantworten, stellt sich daher die Kernfrage: 

Welche Systeme gehören in die Cloud – und welche bleiben besser On-Premises?

Überblickstabelle von ISR, welche Analytics-Systeme, in die Cloud können und welche eher nicht
Überblick: Welche Analytics-Systeme, in die Cloud gehören
und welche eher nicht | ISR

Deutlich komplexer wird es bei performancekritischen Anwendungen, etwa hochoptimierten Datenbanken oder spezialisierten ERP-Systemen. Solche Systeme sind häufig bis ins Detail an eine spezifische On-Premises-Umgebung angepasst.

Eine unüberlegte Cloud-Migration kann daher gleich mehrere Risiken bergen:

  • Performanceverluste, weil hardwareoptimierte Strukturen in der Cloud nicht 1:1 reproduzierbar sind.
  • Limitierte Konfigurationsmöglichkeiten, die verhindern, dass Optimierungen wie Bufferpool-Anpassungen oder Speicherstrategien übernommen werden.
  • Höhere Kosten, wenn ineffizient arbeitende Systeme plötzlich mehr Ressourcen beanspruchen.

Die Lehre daraus: Vor einer Migration sind umfangreiche Tests unverzichtbar. Erst durch Pilotprojekte und detaillierte Benchmark-Analysen lässt sich bewerten, ob Performance und Stabilität auch in der Cloud den Anforderungen entsprechen.

Data-Warehouse-Datenbanken: Warum die Cloud oft Grenzen setzt

Ein besonders kritischer Fall sind bestehende Data-Warehouse-Datenbanken. Systeme wie IBM Db2 oder SAP HANA sind häufig über Jahre hinweg auf On-Premises-Umgebungen optimiert worden.
Die Herausforderung liegt hier nicht in der Technologie selbst, sondern in der Verlustproblematik von Konfigurationen. Cloud-Datenbankservices erlauben oft nur eingeschränkte Einstellungen, wodurch mühsam entwickelte Performance-Tuning-Maßnahmen verloren gehen.
Ein Praxisbeispiel: Eine hochoptimierte Db2-Datenbank läuft On-Premises reibungslos, verliert in der Cloud jedoch massiv an Geschwindigkeit – schlicht, weil zentrale Optimierungen dort nicht nachgebildet werden können. Für IT-Architekt:innen heißt das: Ohne sehr genaue Analyse und gegebenenfalls Neudesign ist eine Migration riskant.

Legacy-Systeme: Stolperfallen aus der Vergangenheit

Auch Legacy-Systeme sind selten Cloud-freundlich. Sie basieren oft auf veralteten Betriebssystemen oder Middleware-Komponenten, die schlicht nicht mit Cloud-Plattformen kompatibel sind.

Noch schwerer wiegt, dass diese Systeme in vielen Fällen exakt auf spezifische Hardware optimiert sind. Der Schritt in eine standardisierte Cloud-Umgebung führt deshalb fast zwangsläufig zu Leistungseinbußen. Abhilfe schaffen meist nur aufwendige Anpassungen – ein Aufwand, der Nutzen und Kosten häufig in ein fragwürdiges Verhältnis setzt.

Eigenentwicklungen: Wenn Individualität zum Problem wird

Hochoptimierte Eigenentwicklungen sind ein zweischneidiges Schwert. On-Premises ermöglichen sie feinjustierte Lösungen mit voller Kontrolle über Systemparameter. In der Cloud hingegen gelten stärkere Standardisierungen und eingeschränkte Eingriffsmöglichkeiten.

Das kann im Alltag bedeuten: weniger Flexibilität, sinkende Performance und eingeschränkte Skalierbarkeit. Wer den Umzug solcher Eigenentwicklungen erwägt, muss abwägen, ob die Vorteile der Cloud die Verluste an Kontrolle und Anpassungsfähigkeit überwiegen.

Regulatorisch sensible Anwendungen: Compliance entscheidet

Ein weiteres Feld, das IT-Architekt:innen besondere Aufmerksamkeit abverlangt, sind Anwendungen mit hochsensiblen oder regulatorisch gebundenen Daten – etwa im Gesundheitswesen oder im Finanzsektor.
Hier gelten zwei Kernrisiken:

  1. Datenschutz und Compliance – die Einhaltung von DSGVO oder branchenspezifischen Standards muss in der Cloud zweifelsfrei gewährleistet sein.
  2. Kontrollverlust – Unternehmen müssen darauf vertrauen, dass Cloud-Provider alle Sicherheits- und Compliance-Anforderungen erfüllen.


Der Migrationsprozess solcher Systeme erfordert deshalb nicht nur technische Analysen, sondern auch umfassende Risikobewertungen und Freigabeprozesse durch interne Datenschutzbeauftragte.

Praxisbeispiele: Was wir aus realen Projekten lernen können

Theorie und Praxis klaffen oft auseinander – umso wichtiger sind konkrete Erfahrungen:

  • Erfolgsgeschichte Einzelhandel: Eine E-Commerce-Plattform migrierte erfolgreich in die Cloud und konnte dadurch Lastspitzen wie Black Friday ohne Ausfälle bewältigen. Ergebnis: höhere Kundenzufriedenheit und sinkende Kosten.
  • Kritisches Beispiel Datenbankmigration: Ein Industrieunternehmen erlebte massive Performance-Einbußen bei einer Db2-Migration in die Cloud. Erst teure Nachoptimierungen stabilisierten das System – ein klassisches Beispiel für unzureichende Vorabtests.
  • Finanzsektor: Eine Bank nutzte eine Multi-Cloud-Strategie, um regulatorische Anforderungen effizienter zu erfüllen. Ergebnis: optimierte Compliance-Prozesse und geringere Betriebskosten.
  • Gescheitertes Projekt: Ein großer Dienstleister scheiterte an fehlendem Change-Management. Widerstände im Team führten zu Schatten-IT, Compliance-Risiken und hohen Folgekosten.
Jörg Kremer mip GmbH

Erfolgreiche Cloud-Transformationen entstehen durch gründliche Planung, technische Detailarbeit und aktives Change-Management.

Jörg Kremer

Fazit: Cloud ja – aber mit Augenmaß

Die Cloud ist kein Allheilmittel, sondern ein Werkzeug. Cloud-native Anwendungen und skalierbare Webplattformen sind klare Kandidaten für eine Migration. Hochoptimierte Datenbanken, Legacy-Systeme oder Anwendungen mit sensiblen Daten erfordern dagegen intensive Voranalysen – und bleiben im Zweifel besser On-Premises oder in hybriden Architekturen.

Für IT-Architekt:innen im Bereich Data Analytics lautet die wichtigste Empfehlung daher: Vor jeder Migration prüfen, testen, abwägen – und nie allein auf die vermeintliche Einfachheit von Cloud-Services vertrauen.

Mehr Erfahren?


mip-Whitepaper
Migration in die Cloud

Im Whitepaper unseres Partners mip erfahren Sie, wie Sie Ihre Analytics-Architektur gezielt in die Cloud transformieren – mit Blick auf Performance, Sicherheit und Wirtschaftlichkeit.

Hier geht es zu den anderen Teilen der Blogartikelreihe:

Haben Sie Fragen? Sprechen Sie uns gerne an!

Über ISR

Wir agieren seit 1993 als IT-Berater für Data Analytics und Dokumentenlogistik und fokussieren uns auf das Datenmanagement und die Automatisierung von Prozessen.
Ganzheitlich und im Rahmen eines umfassenden Enterprise Information Managements (EIM) begleiten wir von der strategischen IT-Beratung über konkrete Implementierungen und Lösungen bis hin zum IT-Betrieb.
ISR ist Teil der CENIT EIM-Gruppe.

Besuchen Sie uns virtuell auf diesen Kanälen:

News Kategorien
News Archiv

Zuletzt erschienen

Nächste ISR Events

[tribe_events_list limit=“3″]