Digitale Reifegradmessung für KMU: Worauf kommt es eigentlich an?

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Eine digitale Reifegradmessung für KMU ist ein guter Startpunkt, um mit dem Thema Digitalisierung des Unternehmens und der eigenen digitalen Reife warm zu werden.

In unserem Blogartikel „Digitale Reife: Was wird eigentlich gemessen?“ haben wir uns mit der Frage beschäftigt, was in Reifegradmessungen eigentlich gemessen wird. Also welche Unternehmenscluster oder Untersuchungsdimensionen sind Bestandteil gängiger Modelle und welche unterschiedlichen Modelltypen existieren. Hier nachlesen.

Heute wollen wir die Frage stellen, worauf es eigentlich ankommt, wenn sich insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (im folgenden KMU) mit der eigenen digitalen Reife und deren Messung beschäftigen. Welche Aspekte spielen hinsichtlich digitaler Reife wirklich eine Rolle? Wie fundiert sollte ein gewähltes Reifegradmodell für mein Unternehmen sein? Und handelt es sich eventuell bei kommerziellen Reifegradmessungen, die ja meist von Beratungen oder IT-Dienstleister angeboten und durchgeführt werden, nicht sowieso nur um reine Marketingtools, die eher den Anbietern als den Anwendern helfen?

Was ist eine digitale Reifegradmessung? Kurze Auffrischung

Eine digitale Reifegradmessung zielt grundsätzlich darauf ab, methodisch zu messen, wie fortgeschritten ein Unternehmen in Bezug auf seine digitale Transformation ist. Soll heißen, wie gut und wie schnell werden neue Technologien durch das eigene Unternehmen adaptiert, um insbesondere die eigenen Prozesse und die Kundenbeziehungen zu digitalisieren. Aber was ist in diesem Zusammenhang wirklich entscheidend? Wir haben hier so unsere Erfahrungen gemacht. Dazu gleich mehr.

Digitale Reifegradmessung für KMU und die 10 Erfolgsbringer

Aber lassen Sie uns doch zunächst einmal die generative KI bitten, wesentliche Aspekte einer digitalen Reifegradmessung zusammenzutragen. Das Ergebnis hört sich nicht nur gut an, sondern liefert auch schon viel Wahres. Demnach ist es wichtig…

1. Ziel und Zweck einer Reifegradmessung im Vorfeld klar definieren.
Geht es z.B. um interne Prozesse oder liegt der Schwerpunkt auf der Kundenbeziehung?

2. Einen strukturierten Rahmen auf Basis anerkannter Modelle wählen.
So bieten z.B. das CMMI (Capability Maturity Model Integration) oder das DMM bewährte Vorgehensweisen und Messkriterien.

3. Die richtigen Experten fragen.
Abhängig von der Untersuchungsdimension sowohl intern als auch extern die richtigen Fachexperten und Fachberater auswählen.

4. Sinnvolle Bewertungs- und Messkriterien definieren.
Für jede Untersuchungsdimension sollten klare Kriterien für deren Bewertung definiert werden, z.B. von rein manuell bis voll automatisiert. Was ich nicht messen kann, kann ich nicht bewerten, kann ich nicht verbessern!

5. Eine fürs Unternehmen passende Bewertungsmethodik wählen.
Ob Selbsteinschätzung, externe Bewertung oder eine Kombination aus beidem – es sollte zum Unternehmen passen.

6. Die richtigen Daten erheben.
Denn die Datenbasis bestimmt das Ergebnis. Abhängig von der Untersuchungsdimension können die zu verwendenden Daten z.B. direkt aus den Systemen, aus sogenannten Prozesslogs, Interviews oder Dokumentationen stammen.

7. Ein Benchmarking sollte möglich sein.
Wie steht mein Unternehmen im Vergleich zu anderen?

8. Die richtige Interpretation der Ergebnisse.
Wirklich nicht so einfach: die gesammelten Daten und Ergebnisse zu interpretieren, Stärken und Schwächen sowie Optimierungspotential in den einzelnen Untersuchungsdimensionen zu identifizieren.

9. Digitalisierungsroadmap und Maßnahmenplan ableiten.
Welche Maßnahmen und Projekte steigern meinen digitalen Reifegrad nachhaltig? Neue Technologien, neue Tools, neue Prozesse, neue (geschulte) MitarbeiterInnen?

10. Sich kontinuierlich messen und verbessern.
Digitalisierung hört nicht auf. Den Fortschritt überwachen und die gewählten Maßnahmen von Zeit zu Zeit hinterfragen und neu ausrichten.

Das klingt doch alles sehr vernünftig und nachvollziehbar: einfach eine strukturierte Vorgehensweise wählen, die zum Unternehmen passt, die eigenen Ziele und Anforderungen definieren, Daten erheben und bewerten und am Ende steht die passende Digitalisierungsroadmap oder gar Digitalstrategie für die nächsten 5 Jahre.

ISR Digital Maturity Check

Erfahren Sie hier mehr zu unserem Digital Maturity Check, mit dem wir Ihren digitalen Reifegrad messen.

Typische Digitalisierungs­hemmnisse von KMU

Aber warum tun sich immer noch so viele KMU schwer damit, die eigene Digitalisierung trotzt der erkannten Wichtigkeit auf den Weg zu bringen und die eigene digitale Reife zu steigern?

Vielleicht hilft es hier doch nochmal, einen Blick auf die immer noch vorhandenen Digitalisierungshemmnisse von KMUs zu werfen. Denn allzu häufig werden von den Unternehmen ähnliche Barrieren bzw. Hemmnisse aufgeführt, die sie offensichtlich an der weiteren eigenen Digitalisierung hindern. So sind sich mittelständische Unternehmen z.B. über die Vor- und Nachteile einer (weiteren) Digitalisierung nicht im Klaren; aktuelle Trends sind häufig nicht bekannt. Die Entwicklung zu einem innovativen Unternehmen wird wegen der Entscheidungsdominanz des Eigentümers häufig zu Gunsten der Tradition aufgegeben, Budgets für die Durchführung von Digitalisierungsaktivitäten werden nicht bereitgestellt oder es mangelt an der eigenen Digitalkompetenz.

Die meisten Studien zur Digitalisierung im Mittelstand diskutieren solche Hemmnisse. Die nachfolgende Abbildung (siehe Abbildung 1) gibt einen Überblick über die von KMUs genannten Digitalisierungshemmnisse (Hemmnisse abhängig von ihrer prozentualen Nennung in ausgewählten Studien).

Darstellung von typischen Digitalisierungshemmnissen in KMUs als Säulendiagram
Abbildung 1: Typische Digitalisierungshemmnisse von KMUs | Vgl. Demary, Engels, Röhl & Rusche 2016, S. 36
Wenn man sich diese Hemmnisse ansieht, dann fragt man sich natürlich, wie eine digitale Reifegradmessung dabei unterstützen kann, das betrachtete Unternehmen anschließend digitaler zu machen. Wenn man doch schon weiß, dass es an Budget, der eigenen Kompetenz und einer doch meistens fehlenden Digitalstrategie mangelt.

Digitale Reifegradmessung für KMU – auf die eigenen Fähigkeiten kommt es an

Was hilft es mir denn zu wissen, dass ein Reifegradmodell mein Unternehmen als „digital beginner“ einstuft oder für mein Unternehmen einen Reifegrad „3“ ermittelt. Ist es nicht viel wichtiger, die Erkenntnis zu erlangen, welche Fähigkeiten ich als Unternehmen besitzen oder aufbauen sollte, um ggf. meinen Reifegrad innerhalb einer bestimmter Untersuchungsdimension oder auch im Ganzen zu verbessern?

Aus unserer Sicht ist es deshalb insbesondere auch für KMU essenziell, sich den eigenen Fähigkeiten zu widmen und diese im Kontext der um sie herum stattfindenden Digitalisierung zu hinterfragen. Eine Reifegradmessung, die auf die individuellen Fähigkeiten eines Unternehmens eingeht, hilft aus unserer Sicht einem KMU wirklich weiter. Sie verschafft dem Unternehmen Klarheit über die einzuleitenden Maßnahmen, indem sie zunächst sortiert und Orientierung gibt (siehe Abbildung 2). Sie zeigt nicht nur auf, wie z.B. ein bestimmter Prozess auf ein nächstes Reifegrad-Level gehoben werden kann, sondern zielt insbesondere auch auf die notwendigen Fähigkeiten, welche dem Unternehmen helfen, als solches digitaler zu werden.

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Abbildung 2: Orientierung und Klarheit durch eine Reifegradmessung | isr.de

Bei solchen Fähigkeiten kann es sich einerseits um die bekannten Digitalkompetenzen, wie z.B. Technologiekompetenz, Innovationsfähigkeit oder auch agile Arbeitsweisen handeln. Anderseits sprechen wir hier aber auch über Fähigkeiten, die ein Unternehmen benötigt, um seinen Output entsprechend der (digitalen) Kundenbedürfnisse zu generieren. Diese Fähigkeiten zeigen sich oft entlang der Geschäftsprozesse eines Unternehmens.

„Bei uns ist deshalb mehr und mehr die Erkenntnis gereift, dass es bei einer digitalen Reifegradmessung nicht in erster Linie auf Reife, sondern auf Fähigkeiten ankommt.“

Birger van der Spek
(Managing Consultant | ISR AG)

Digitale Reifegradmessung für KMU in der Kritik

Reifegradmodelle sind zwar populär, oft aber zu tool- oder technologielastig:
Reifegradmodelle zeigen lediglich auf, was ein Unternehmen tun muss, um die nächste Reifegradstufe zu erklimmen und erklären die Entwicklung dann als abgeschlossen. Die digitale Entwicklung ist aber nie abgeschlossen. Wird hingegen auf die eigenen Fähigkeiten fokussiert, dann steht die kontinuierliche Verbesserung im Vordergrund. Auf technologische Veränderungen lässt sich dann meist besser reagieren.
Zudem ist der vorgegebene „digitale Entwicklungspfad“ vieler Modelle nicht auf jedes Unternehmen übertragbar. Nicht jedes Unternehmen benötigt die gleichen Technologien und Tools in der gleichen Ausbaustufe. Hinzu kommt, dass sich die digitale Reife selbst innerhalb eines Unternehmens zwischen den verschiedenen Teams unterscheidet. Betrachtet man hingegen die Fähigkeiten in den Teams in deren Kontext, so kann man viel gezielter an deren Transformation arbeiten.
Reifegradmodelle, die die Unternehmensfähigkeiten und die Fähigkeiten von Teams in den Mittelpunkt stellen, fokussieren mehr auf das eigentliche Ergebnis (kann ich z.B. für den Kunden den richtigen digitalen Service anbieten) als lediglich eine technische Fertigkeit abzufragen. Der Einsatz von Technologien und Tools sind zwar einfacher zu messen, sagen aber im Endeffekt wenig über das (Kunden-)Ergebnis aus.

Reifegradmodelle sind von Natur aus eher statisch. Technologien, die Umwelt und Geschäftsmodelle verändern sich jedoch laufend. Schaut man jedoch eher darauf, was notwendig ist, um wettbewerbsfähig zu bleiben, so kommt man um die eigenen Fähigkeiten nicht drum herum. 😉

Unsere Empfehlungen für eine digitale Reifegradmessung für KMU

Wenn man sich also für die Durchführung einer nachhaltigen Reifegradmessung entscheidet, dann sollte diese nicht nur eine bloße Abfrage bestimmter Tools sowie die Einordnung des Unternehmens auf einer Reifegradskala von 1-5 beinhalten. Es ist aus unserer Sicht ratsam darauf zu achten, dass es bei der auf das Unternehmen zugeschnittenen Analyse insbesondere auch um (digitale) Fähigkeiten geht. Nur so lässt sich aus unserer Sicht Digitalisierung nachhaltig gestalten. Die eingangs beschriebene strukturierte Vorgehensweise vieler Reifegradmodelle ist ein guter Ansatz, vernachlässigt aus unserer Sicht aber zu häufig die besonderen Fähigkeiten von KMU. Von Anbieter orientierten Marketingtools sollten KMU die Finger lassen!

ISR bietet begleitend zu einem schnellen DMC deshalb auch eine eingehendere Beratung an, in der wir stark auf Ihre konkrete Situation im Unternehmen und die Fähigkeiten Ihres Teams eingehen.

Das klingt interessant? Dann kommen Sie gerne auf uns zu.

Über ISR

Die ISR Information Products AG ist Ihr Experte für Analytics, Prozess-Digitalisierung und Application Management. Mit Blick auf die Bedürfnisse namhafter Kunden konzipieren, modernisieren, implementieren und betreuen unsere ca. 250 Mitarbeiter an sechs Standorten IT-Architekturen, Software-Lösungen und IT-Infrastrukturen. Das Ziel: Ihnen die wirtschaftliche Nutzung von Daten zu ermöglichen.

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