Es ist erstaunlich, wieviele Parallelen es zwischen Kindererziehung und den typischen Herausforderungen in unseren IT-Projekten gibt. Lesen Sie hier, welche es sind, und wie wir ihnen begegnen können.
Aber was hat das alles mit ISR und IT-Consulting zu tun?
Nein, wir haben unser Geschäftsmodell nicht plötzlich in Richtung psychologischer Familienberatung erweitert. Dennoch haben mich die oben genannten Feiertage zum Nachdenken gebracht. Als Marketingmensch habe ich einige Schnittstellen mit unseren IT-Beratern und habe einen kleinen Einblick in deren alltägliche berufliche Herausforderungen. Und dabei ist mir aufgefallen, dass es erstaunlich viele Parallelen zwischen Kindererziehung und den typischen Herausforderungen in unseren IT-Projekten gibt. Lesen Sie nun also, welche kritische Erfolgsfaktoren nicht nur unseren Alltag in der IT-Beratung, sondern auch den im Umgang mit unseren Kindern bestimmen – Schmunzeln inklusive 😉
Wie starten wir? Nun ja, zunächst der Einfachheit halber vielleicht in der KLASSISCHEN WELT, wo wir z.B. folgenden Phänomenen begegnen:
1. Denn Sie wissen nicht, was Sie tun – aka rollierende Planung
Bei der rollierenden Planung eines Projektes ist das endgültige Ziel oft unklar. Es gibt nur grobe Vorstellungen und Ideen, wie das Projekt aussehen könnte. Genau wie bei der Kindererziehung ist das Ziel, das perfekte Ergebnis zu erreichen, oft vage und voller Unsicherheiten. Als Eltern wollen wir, dass unsere Kinder zu wunderbaren Menschen heranwachsen, aber wie genau das passieren soll, bleibt oft ein Rätsel.
Tief im Inneren wünschen wir uns als Projektmanager im Alltagschaos einfach nur ein Mindestmaß an Planungsqualität und Priorisierung: erst Hausaufgaben, dann Zocken! Für eine Weile sitzen wir am längeren Hebel und können das als Eltern gut durchsetzen, doch für wie lange? Diskussionen sind vorprogrammiert. Und nicht nur da.
Denn abgesehen von der Priorisierung wünschen wir uns ganz simpel einen groben Plan für die Woche, in dem auch die eigenen Wünsche untergebracht werden können. Doch unsere spontan-naiven Kids scheinen da anders zu ticken. Heute also doch nicht zum Skatepark und danach den Vortrag für die Schule vorbereiten, sondern erst Chillen bei Jonas und dann ins Kino? Und dann gern ins wartende Elterntaxi um die Ecke springen?
Wahrscheinlich müssen die Kids bestimmte unverrückbare Meilensteine wie Omas Geburtstag einfach akzeptieren und wir als Eltern uns darauf einstellen, ganz im Sinne des schrittweisen Vorgehens rollierend in kürzeren Abständen zu planen. Letztendlich geht es wohl um Kompromisse.
Und: ganz wie im IT-Projekt erfordert dies Flexibilität, eine Prise Improvisation und die Fähigkeit, sich auf unvorhersehbare Situationen einzustellen.
2. Den Familienbetrieb am Laufen halten – aka Incident Management
Egal, ob wir versuchen, unsere Kinder zu erziehen oder Incidents zu managen, eines ist sicher: Chaos ist unvermeidlich. Genau wie Kinder unberechenbar sein können, lassen sich auch Incidents nicht immer vorhersehen. Sie tauchen unerwartet auf und bringen eine gehörige Portion Chaos mit sich. In beiden Fällen ist es wichtig, einen kühlen Kopf zu bewahren und sich auf die Lösung des Problems zu konzentrieren, während im Hintergrund alles drunter und drüber geht. Störungen im Betrieb sind quasi „normal“, angefangen bei harmlosen Ereignissen, wie dem vergessenen Ranzen; über schwerer wiegende Vorkommnisse wie der verlorene Haustürschlüssel bis hin zu ernsthaften Incidents, wie ein Abholen aus der Ausnüchterungszelle nach der Abi-Party – solche „Störungen in Betrieb“ sind auf dem Weg zum Erwachsenwerden wahrscheinlich normal.
Sind Schwachstellen System-inhärent und tauchen wiederholt auf, landen wir im Problem- Management. Dann heißt es: Konstruktives Feedback, statt meckern. Schnell und mit angemessener Nachsicht handeln und das identifizierte Problem nachhaltig und langfristig lösen, um die familiäre Infrastruktur nicht zu gefährden. Und gern in einigen Jahren mit den (dann großen) Kindern über die anekdotenhaft erzählten Fehltritte gemeinsam lachen.
3. Kinder sind die Champions der Veränderung– aka Change Management
Die Entwicklung unserer Kinder selbst ist einem ständigen Veränderungsprozess unterlegen. In ihren „Entwicklungsschüben“, aber wie oben geschildert auch einfach im Alltag. Mich bringt das zum Nachdenken. Und wir? Leben wir Eltern mit tradierten und sehr engen, zu festgefahrenen Vorstellungen davon, wie etwas zu laufen hat? Mit statischen Mustern? Leiden wir darunter, dass ständig unsere Annahmen über Zeitbedarf, Kosten und Leistungsumfang gesprengt werden?
Kinder wachsen unaufhaltsam heran und entwickeln sich kontinuierlich weiter. Von ihren ersten Schritten bis zu ihren eigenen Meinungen und Interessen erleben wir als Eltern einen ständigen Wandel – sie sind Meister im Veränderungsprozess! Ähnlich verhält es sich im Change ManagementWas bedeutet Change Management?Change Management, auch Veränderungsmanagement genannt, umfasst sämtliche… von Projekten. Neue Anforderungen, geänderte Prioritäten und sich weiterentwickelnde Ziele erfordern eine kontinuierliche Anpassung. Aber wie gut sind wir „Eltern“ oder Projektbeteiligten im Veränderungsprozess; ich glaube wir kennen alle die Antwort.
Aber auch Kinder sind im Veränderungsprozess nicht vor Problemen gefeit. Es fällt natürlich schwer, cool zu bleiben, wenn ein im Kopf zurecht gelegter und besprochener Plan (erst Abfragen für die morgige Klassenarbeit, dann gemeinsamer Einkauf von Jeans und Schulmaterial, anschließend Eis essen und auf dem Heimweg Lebensmitteleinkauf)
wieder über den Haufen geworfen wird (Abfragen verschieben, Eis essen vorziehen, statt Jeans wird das achte Paar Sneaker gekauft, dann zufällig einen Freund getroffen, Kind weg, Lebensmitteleinkauf allein).
Die Kommunikation spielt eine entscheidende Rolle, wenn es um die Bewältigung von Veränderungen geht. Bei der Erziehung unserer Kinder müssen wir unsere Botschaften klar und verständlich vermitteln und gleichzeitig offen für ihre Bedürfnisse und Perspektiven sein. Im Change Management ist es genauso wichtig, klare Kommunikation zu gewährleisten, um sicherzustellen, dass alle Beteiligten auf dem gleichen Wissensstand sind und die Veränderungen verstehen. Offene Dialoge und gegenseitiges Verständnis sind der Schlüssel zum erfolgreichen Umgang mit Veränderungen, bei Groß und Klein. Nur so werden und bleiben wir vertrauenswürdige Begleiter und Berater.
4. Beteiligung an der Hausarbeit – aka Service-Level-Agreement
Das mit dem Service-Level-Agreement (SLA) ist so eine Sache. Die meisten (werdenden) Eltern setzen sich schon in der Schwangerschaft mit dem Gedanken auseinander, dass „das große Glück“ auch mit dem SLA einher geht, das neue Leben möglichst behütet und gesund aufwachsen zu lassen. Und so reagieren wir in den ersten Monaten (und beim ersten Kind) bei jeglichen akustischen Signalen, beseitigen Code-Smells immer sofort, übernehmen die Nährstoffversorgung und versuchen kontinuierlich den für alle erleichternden Schlaf-Modus zu aktivieren. Aber es kommt der Punkt, da geraten wir Eltern-Dienstleister an unsere Grenzen. Wiederkehrende Anforderungen, die unser Dasein als Erziehungsberechtigte später neben dem „Projekt Job“ mit sich bringen, überfordern uns dann. Denn die Sicherheitsaufgaben, Fütterung, Reinigung der Umgebung und körperlicher Pflege, werden dann auch noch um mentalen Support (Stichwort Bullying, Liebeskummer, Selbstfindung) erweitert. Und das jeden Tag! Obwohl wir Eltern mehrfach versuchen, die Kids, sobald sie aus dem Kleinkindalter herausgewachsen sind, transparent, nachvollziehbar und verständlich über unsere Aus- bzw. Überlastung als Dienstleister zu informieren, wird kontinuierlich ein verbessertes Servicelevel erwartet.
Aber irgendwann kommt der Tag, an dem sich etwas dreht – zumindest im Kleinen. Irgendwann werden unsere Sprösslinge älter. Wir erkennen dann, dass es nun an uns ist, verbindliche Leistungsumfänge sowie Reaktions- und Bearbeitungszeiten im Rahmen ihrer Mitwirkungspflichten zu definieren. Wie das aussieht? Für Mitwirkung im Bereich Müllbeseitigung; Geschirrspüler-Entleerung oder Eindecken des Tischs, kann zusätzlich zur o.g. Deckung vieler essenzieller Bedürfnisse ein Agreement für ein wöchentliches Taschengeld etabliert werden. Vorteil: Streitvermeidung. Nachteil: Insbesondere Einzelkinder, die sich in der neuen Rolle als Mitwirkender gut einfinden, definieren sich selbst gern schnell als Dienstleister und versuchten nach kurzer Zeit, mangels Wettbewerbs, die Vorteils- und Preisspirale zu ihren Gunsten nach oben zu treiben.
Und so gibt es viele Aspekte, über die hier nachgegrübelt werden kann. Neuere Ansätze gehen davon aus, dass man auf klassischen Wegen einfach nicht weiterkommt. Dann schwören viele Eltern – ähhh Projektmanager auf
AGILE Methoden. Aber was heißt das?
Wir tauschen fest definierte Planungskonstanten des „Was“ man machen möchte, gegen die Planungskonstanten „Aufwand“ und „Zeit“, voila nun wird es agil. Je nach Projekt gibt es so differierend feste und variable Größen.
Das Projekt „Abiturprüfungen gut bestehen“, dessen Umfang und Inhalt eine unverrückbare Vorgabe des Kultusministeriums des jeweiligen Bundeslandes ist, sollte jedoch aus Elternsicht dringend auf klassischem Wege angegangen werden. Die Qualität (also Abschlussnote) wird mit steigendem Zeitaufwand, der ins Lernen gesteckt wird, sicher ebenfalls steigen. Und erfreulicherweise erfordert das Lernen selbst nicht mal einen Kostenaufwand, sondern spart sogar.
Für das Projekt „Wir gehen in einen Freizeitpark“ hingegen, welches bei den Teens ganz oben auf der Wunschliste steht, wählen wir aber den agilen Ansatz, in dem eben nicht der Umfang, sondern Zeit und Aufwand fixiert sind. Beschränken wir also den finanziellen Aufwand bei einem Maximalbudget von 200 € für die Familie und den Zeithorizont auf einen Sonntag, so muss klar sein, dass eben doch nur ein Besuch im Heidepark drin ist, auch wenn uns die Kinder mit leuchtenden Augen vom Aktionsangebot für drei Tage Disneyland Paris erzählen.
FAZIT
Das Projekt „Kindererziehung“ ist ein besonders
herausforderndes, an dem man selbst als Person und Mutter bzw. Vater mindestens
genauso viel lernt, wie in der Betreuung eines mehrjährigen, komplexen
IT-Projekts. Wir können versuchen, auf bewährte Methoden zurückzugreifen, Prozesse
zu strukturieren, Regeln zu definieren und alle an einen Tisch zu bekommen. Am
Ende wird aber vor allem gegenseitige Rücksicht, Zusammenarbeit, Verständnis und
eine optimale Kommunikation zum Ziel führen.
Jenny Dornberger
Teamleitung
Corporate Marketing
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