SAP BW/4 HANA Einführung – Wie ermittle ich die Kosten der Migration?

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Viele Kunden gehen mit der Umstellung ihrer Systemlandschaften auf BW7.5 on HANA bereits den ersten Schritt auf ihrem Weg zu BW/4HANA. In unserem Blogeintrag BW/4HANA MIGRATION – FAQS sind wir auf einige wiederkehrende Fragestellungen aus Gesprächen mit unseren Kunden zur Migration auf BW/4HANA eingegangen.

In unseren Kundengesprächen begegnet uns jedoch häufig eine zentrale Fragestellung: „Was kostet mich eigentlich eine Migration auf BW/4HANA?“

Auf diese Frage möchten wir im folgenden Beitrag eingehen, indem wir auf Vorgehensweisen zur Aufwandschätzung eingehen. In der Praxis begegnet uns auch häufig die Situation, dass keine vollständige Migration durchgeführt werden soll. Stattdessen streben Kunden Brownfield- oder sogar Greenfield-Ansätze an.

Zu Beginn sollten die Ziele der BW/4 Einführung geklärt sein. Dies schließt ebenfalls die Ziel-Architektur ein. Nicht der Weg der Migration sollte das Vorgehen definieren, sondern der Weg sollte sich aus dem Ziel ableiten. Häufig ist es nicht sinnvoll gewachsene BW-Systeme komplett zu migrieren, weil damit Potentiale einer grundlegenden Architekturänderung schwer auszuschöpfen sind. Siehe dazu auch: IHRE ROAD 2 SAP BW/4HANA.

Für diesen Beitrag konzentrieren wir uns auf die Aufwandstreiber einer technischen Migration von BW/4HANA Systemen. Durch die Remote bzw. Shell Conversion lassen sich sinnvoll Brownfield-Ansätze unterstützen. Grundsätzlich lässt sich das Vorgehen einer Migration auf BW/4HANA in drei Phasen unterteilen:

Unser Vorgehen in drei Phasen
Abb. 1: Unser Vorgehen in drei Phasen | isr.de
Unser Vorgehen in drei Phasen
Abb. 1: Unser Vorgehen in drei Phasen | isr.de

Nachfolgend skizzieren wir die drei Phasen, wobei sich je nach Migrationsansatz (Remote, Shell, In-Place) leichte Unterschiede ergeben können. 

Phase 1: Vorbereitung

In dieser Phase sollen die vorhandenen BW-Systeme grundsätzlich in die Lage versetzt werden auf BW/4HANA migriert werden zu können. Gemeint ist damit nicht der Umbau von Datenmodellen o.ä., sondern die Voraussetzungen insbesondere für die BW/4 Conversion Werkzeuge zu schaffen. Mit letzteren lässt sich dann analysieren welche Schritte automatisch erfolgen können und welche nicht. Damit wird eine sehr wichtige Grundlage für die Analyse-Phase, sowie die Detail-Analyse der Migrationsaufwände geschaffen.

Einen detaillierten Überblick über die verschiedenen Möglichkeiten einer Migration auf BW/4HANA gibt unser Blogartikel IHRE ROAD 2 SAP BW/4HANA.

Abb. 2: Überblick der versch. Möglichkeiten einer Migration | isr.de
Abb. 2: Überblick der versch. Möglichkeiten einer Migration | isr.de

Beispiele möglicher Arbeitspakete

Arbeitspaket Beschreibung
Releasewechsel Eine wichtige Voraussetzung für die Migration ist, dass die BW/4 Conversion Werkzeuge eingespielt werden können. Diese bringen nämlich Analyseprogramme mit, anhand derer sich die "Migrationsfähigkeit" analysieren lässt.

Als Minimalanforderung empfehlen wir ein Update auf das Release BW 7.3. Dieses ist jedoch schon recht alt.

Ideal wäre der Release-Stand BW 7.5, da dann schon ein paar notwendige Umstellungen erfolgt sind, welche mit einem Wechsel auf BW/4HANA ohnehin anfallen werden. Darunter fällt beispielsweise eine ABAP-Feldtypanpassung. Das bedeutet kundeneigene Programme, die diesen ABAP-Feldtyp verwenden, müssen manuell angepasst werden. Ein Aufwandstreiber kann außerdem die Anzahl der zu migrierenden 3.x-Datenflüsse sein. Wir empfehlen daher die Umstellung nur dann vorzunehmen, wenn dies aus wichtigen Gründen notwendig ist. Dies ist insb. bei der In-Place Migration zu evaluieren.

Je nach Alter des BW Releases sollte auch bedacht werden, dass man sich mit einem BW 7.5 Update ein wenig Luft verschaffen kann bis zum Jahr 2027.
Prüfung des Berechtigungskonzeptes Ab einem Release von SAP BW 7.3 ist ein Analyseberechtigungskonzept verpflichtend. Sollte dieses noch nicht vorhanden sein, muss das Berechtigungskonzept umgestellt werden. Für die Umstellung kommen drei Wege in Frage:

1. Frei zugängliche Daten: Werden Dateninhalte nicht eingeschränkt, ist der einfachste Ansatz in alle Berechtigungsrollen die Analyseberechtigung 0BI_ALL einzubauen. Dieser Ansatz verursacht die geringsten Aufwände.

2. Migration: Mit Hilfe eines Migrations-Reports können die vorhandenen Berechtigungen auf den neuen SAP BW 7.x-Ansatz migriert werden. Dieser Weg ist zwar schnell, jedoch werden sehr viele Analyseberechtigungsobjekte generiert und es besteht die Gefahr, dass das System schnell unsauber und unübersichtlich wird. Ein Schritt zurück ist zudem sehr schwer, wenn doch einmal aufgeräumt werden soll.

3. Grundlegende Einführung von Analyseberechtigungen: Bei dieser Vorgehensweise wird der Einführung der Analyseberechtigungen eine Konzeption und saubere Aufarbeitung des Berechtigungsthemas vorgeschaltet. Es wird zunächst ermittelt, welche Nutzerkreise und Datenbereiche es gibt, die schützenswert sind. Statt anschließend für jede Merkmalsausprägung eigene Analyseberechtigungen anzulegen, werden Exit Variablen zur flexiblen Steuerung von Berechtigungen verwendet. Diese Exit Variablen ermöglichen auch, dass die Pflege der Werte von Analyseberechtigungen bspw. über eine zentrale Pflegeview erfolgen kann. Über die Variablen-Exits lassen sich zudem die BW Queries voreinschränken, was den Nutzerkomfort erhöht. Dieser Ansatz verursacht allerdings auch die meisten Aufwände.

Wir empfehlen außerdem die folgenden Prüfungen:

Prüfung Beschreibung
Dual-Stack-Split Voraussetzung für die spätere fehlerfreie Nutzung der SAP BW/4HANA Conversion Tools ist ein ABAP-Stack-Only. Liegt dieser nicht vor, muss ein Dual-Stack-Split durchgeführt werden.
Prüfung der Objektvereinfachungen für SAP BW/4HANA Zur Prüfung der Objektvereinfachungen bietet sich die Simplification List der SAP an (2421930 - Liste der Vereinfachungen für SAP BW/4HANA).
Prüfung der Systemanforderungen für SAP BW/4HANA Es sollten die Systemanforderungen für das neue SAP BW/4HANA-System und die Bereitstellung der notwendigen Tools geprüft werden. Dabei können folgende SAP Notes hilfreich sein:

Prüfung der SAP-Quellsysteme Die SAP-Quellsysteme müssen ODP-Ready sein. Daher sollten folgende SAP Notes beachtet werden:

Prüfung der non-SAP-Quellsysteme NonSAP-Quellsysteme werden über SDA (Smart Data Access) oder SDI (Smart Data Integration) angeschlossen. Hier kann die folgende SAP Note hilfreich sein:

Sizing Check Mit Hilfe der nachstehenden SAP Note sollte ein Sizing Check des BW-Systems erfolgen. Dadurch erhält man einen Eindruck wie groß BW/4HANA sein sollte, wobei die Checks nur von dem vorhandenen BW System ausgehen (können). Der Umbau der Architektur von LSA zu LSA++ kann Redundanzen von Daten deutlich verringern, was den Speicherbedarf reduzieren wird. Die Höhe des Effekts lässt sich allerdings vorab häufig schwer einschätzen.

Schließlich können die BW/4HANA Conversion Tools auf den vorbereiteten Systemen bereitgestellt werden. 

Phase 2: Analyse

Sind die BW/4 Conversion Werkzeuge bereitgestellt worden, kann die Ermittlung der Aufwände beginnen. Nachfolgend führen wir die Tätigkeiten dieser Detail-Analyse auf und benennen Aufwandstreiber. Wesentlich für die Ermittlung der Migrationsaufwände und eine Voraussetzung für den Beginn der Realisierungs-Phase ist die Definition der Datenmodelle, die auf das BW/4HANA-System migriert werden sollen (Scope Selection). 

Grundsätzlich lassen sich die folgenden Aufwandstreiber unterscheiden:

Scope Selection und die Bereinigung von Datenmodellen

Wie eingangs benannt ist es wichtig Klarheit zu gewinnen, welche Datenmodelle migriert werden sollen. Dies bestimmt maßgeblich den Migrationsaufwand.

Bei einer in-Place Migration sollte bedacht werden, dass das System um alles was nicht migriert werden soll, bereinigt werden muss. Dies kann bei gewachsenen Systemen eine Menge Vorarbeit bedeuten, welche in einem Projekt einzuplanen ist.

Conversion Tool Aufwände

Dies sind Aufwände, die im Rahmen der Nutzung der Conversion-Tools anfallen. Damit sind Tätigkeiten gemeint entlang des „normalen“ Vorgehens bei der Anwendung der Conversion-Werkzeuge. Die Aufwände lassen sich anhand der Anzahl der Objekte sowie unserer Erfahrungen vorab grob einschätzen.

ABAP-Anpassungen

Die Aufwände zur Anpassung von ABAP-Coding lassen sich unterteilen in Aufwände, die vor der eigentlichen Migration anfallen (z. B. Umstellung der Variablen Exits auf BAdI Implementierungen) und Aufwände, die nach der eigentlichen Migration anfallen (z. B. HANA-Optimierungen durch Code Pushdown oder Nutzung virtueller Datenflüsse mit Calculation Views).

Der Report RS_B4HANA_CODE_SCAN lässt durch die Ermittlung von problematischem ABAP-Coding Rückschlüsse darauf zu, wie viele Code-Anpassungen vor der Systemmigration notwendig sind. Die Definition der zu migrierenden Objekte erfolgt anschließend, wodurch die anfallenden Aufwände transparent werden.

Bei ABAP-Anpassungen nach der Systemmigration handelt es sich um Potentiale der neuen Systemumgebung, die durch Optimierungen realisiert werden können. Es sollte analysiert werden, in welchen Datenmodellbereichen eine Optimierung sinnvoll sind. Da bereits durch den Wechsel auf die HANA-Datenbank vorhandene Datenflüsse, sowie Datenabfragen, schneller werden, empfehlen wir eine bedarfsgerechte Optimierung der Datenmodelle.

Manuelle Remodellierungen

Nicht alle Objekte können automatisch konvertiert werden. Es gibt einige Objekte, die manuell bearbeitet werden müssen. Im einfachsten Fall sind dies 3.x-Datenflüsse, beispielsweise können aber auch bestimmte Einstellungen in InfoObjects eine manuelle Anpassung notwendig machen. Einen Überblick über mögliche Einschränkungen finden Sie hier.

Bei der Analyse der manuellen Aufwände können Programme hilfreich sein, wie zum Beispiel das Programm ZBW_TRANSFORM_FINDER, welches Transformationen ermittelt, die bereits auf der HANA-Datenbank ausgeführt werden können. Aber auch das Programm RS_BW/4HANA_CONVERSION_CONTROL gibt eine detaillierte Liste mit allen Objekten im BW-System zurück, die bereits BW/4HANA kompatibel sind, automatisiert migriert werden können oder eine manuelle Remodellierung erforderlich machen. Um die Aufwände transparent zu machen, muss diese Liste anschließend mit der Information angereichert werden, ob es sich um Objekte aktiv genutzter Datenmodelle handelt oder nicht. Das Resultat ist somit eine Liste von manuellen Tätigkeiten, die sehr belastbar schätzbar ist.

Ermittlung des Aufwands

In der Praxis bewährt hat sich eine Excel-Liste mit der Aufstellung aller notwendigen Anpassungen, in die parametrisiert die notwendigen Arbeiten, sowie per T-Shirt Size der jeweils zu erwartende Aufwand eingetragen werden (Betroffenes Objekt, Notwendige Arbeit, T-Shirt Size des Aufwands). Dadurch lässt sich recht gut der zu erwartende Aufwand für die Durchführung der Migration abschätzen. Mit der Analyse-Phase gewinnt man so sehr gut Klarheit über den zu erwartenden Aufwand.

Phase 3: Realisierung

Mit der Realisierungs-Phase fällt der unter 2) geschätzte Aufwand für die Durchführung der Migration an. Jedoch sollte zusätzlich bedacht werden, dass auch noch infrastrukturelle Arbeiten für die Systembereitstellung anfallen. Dies sind bspw.

Ersteinrichtung der BW/4HANA-Systeme

  1. Initiale Konfiguration über Transaktion STC01 – Task “SAP_BW4_SETUP_SIMPLE”
  2. Installation SAP Landscape Transformation (für Remote Conversion)
  3. Ausführung SAP BW Note Analyzer
  4. Anbindung der Quellsysteme
  5. Anbindung der Reportingwerkzeuge
  6. Erstellung von RFC-Verbindungen (auch zu altem BW)
  7. User- und Berechtigungskonzept

Testaufwand

Bei der Migration werden nicht nur Datenmodelle, sondern auch sehr viele Inhalte auf die neuen BW/4 HANA-Systeme übertragen. Neben den eigentlichen Stamm- und Transaktionsdaten sind dies viele technische Informationen, wie etwa Request-Informationen. Daher ist es wichtig genügend Zeit zur Validierung der Migration einzuplanen. Wir empfehlen für die Validierung der Daten eine repräsentative Stichprobe zu bestimmen, die sich an der Realität der BW-Architektur orientiert. Dies ist ein pragmatischer Weg, der sich in der Praxis bewährt hat.

Zusammenfassung

Wir hoffen, dass wir mit unserem Beitrag einen Überblick über die möglichen Aufwandstreiber bei der BW/4 Migration und über die notwendigen Schritte für die Aufwandschätzung geben konnten. Für die Ermittlung des Gesamtaufwands ist grob mit einem Aufwand von ca. 20 Tagen zu rechnen. Je nach Ansatz zur Einführung von BW/4 HANA, lassen sich auch kompaktere Wege finden. Sprechen Sie uns gerne an!

Autoren: Simone van Munster und Adrian Kaltenhäuser 

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